Vorschau Die seligen Oblatenmärtyrer von Laos

Sl. Mario Borzaga

 

Heute noch ein Vorbild

Borzaga wurde 1932 in Trient in Norditalien geboren. Er wuchs in einer gläubigen Familie auf und entwickelte schon im Grundschulalter den Wunsch, Priester zu werden. Mit elf Jahren kam er ins Trienter Knabenseminar und von dort ins Priesterseminar der Erzdiözese. Seit dieser Zeit ist sein Gebet überliefert, „Priester, Apostel, Missionar, Märtyrer“ zu werden. Um als Missionar wirken zu können, trat er 1952 bei den Oblaten ein, setzte seine theologischen Studien fort und wurde 1957 zum Priester geweiht.

Ein Missionar für Laos

Aus dieser Zeit stammen auch Überlegungen zum Martyrium in seinem Tagebuch: „Alle Märtyrer sind unschuldig! Wenn ich unschuldig sein will, muss ich ein Märtyrer werden, denn im Grunde besteht Unschuldigkeit darin, den Tod ohne Widerspruch zuzulassen.“ Doch Borzaga war kein lebensmüder Asket. So schrieb er: „Ich habe meine Berufung verstanden: ich soll ein glücklicher Mensch sein“.

1957 wurde der neu geweihte Priester von seinem Generaloberen auf eigenen Wunsch als Missionar nach Laos gesandt. Im Lande lebten damals zwei Millionen Menschen, von denen nur 24.000 katholisch waren. Laos wurde durch dutzende Ethnien, Sprachen und einen Bürgerkrieg zerrissen. So gehörte das Land zu den schwierigsten Missionsfeldern der Oblaten.

Borzaga ging in die Bergdörfer im Norden von Laos. Dafür musste er nicht nur Laotisch lernen, die offizielle Sprache des Landes, sondern auch Hmong Njua, die Sprache der Bevölkerungsgruppe der Hmong, mit denen er arbeitete. Er hielt dort die heilige Messe, unterrichtete die getauften Kinder, leitete die Taufbewerber an und unterstützte die einheimischen Katecheten. Daneben diente das Haus der Oblaten auch zur Versorgung der Kranken der Umgebung. Borzaga nahm lange Fußmärsche auf sich, um die isolierten Bergdörfer zu erreichen und für die Menschen da zu sein.

Aus dieser Zeit stammt auch ein Eintrag aus seinem Tagebuch: „Wir Missionare sind von dieser Art: Ist es normal für uns, immer wieder aufzubrechen? Es ist wichtig, auf dem Weg zu bleiben. Die Straße wird unser Zuhause sein. Wenn wir in ein Haus kommen, müssen wir es zu einem Weg machen, der zu Gott führt.“

Einsatz unter Lebensgefahr

Sein Engagement hatte Erfolg: Die christliche Gemeinde in den Dörfern wuchs. Die äußere Bedrohung aber auch. Die Kommunisten gewannen die Kontrolle über immer mehr Gebiete. Als Ausländer und Priester auf ihre Soldaten zu treffen war lebensgefährlich. Auch Borzaga musste sich auf seinen Märschen durch das Bergland hin und wieder verstecken. Am 24. April 1960 brach er zusammen mit einem einheimischen Katecheten zu einer mehrtägigen Reise in die Dörfer der Umgebung auf. Er sollte nicht zurückkehren. Am 1. Mai 1960 wurden die beiden in einem Dorf von kommunistischen Milizen aufgegriffen. Die machten kurzen Prozess: Nachdem die beiden ihr eigenes Grab schaufeln mussten, wurden sie erschossen und verscharrt.

Laut Augenzeugenberichten blieb Borzaga im Angesicht des nahen Todes gefasst. Er blieb nicht der einzige Märtyrer. Die kommunistische Verfolgung in Laos brachte noch fünf weiteren Oblaten den Tod. Für einen westlichen Christen ist dieses Zeugnis der Märtyrer befremdlich. Man mag noch die Konsequenz bewundern, mit der sie ihren Lebensentwurf durchgehalten haben; Borzaga und die anderen Oblaten hätten das Land verlassen können. Sie haben Mut bewiesen, indem sie geblieben sind.

Diener der Menschen vor Ort

Doch wofür sind sie gestorben? Um andere Menschen von ihrem Glauben an Jesus Christus zu überzeugen; weil sie das für existenziell notwendig, schön und segensreich hielten. Die moderne Forschung spricht da heutzutage nicht selten von der „Arroganz der Eroberer“. Laos hatte sich erst wenige Jahre zuvor von der Kolonialherrschaft Frankreichs befreit. Und Borzaga gehörte zu einer Gemeinschaft, die im Gefolge jener Kolonialherren in das Gebiet gekommen war.

Bei aller Bewunderung für den Mut des Märtyrers: Kann ein Mensch, der in eine fremde Kultur kommt, um die Einwohner von seinem Glauben zu überzeugen, den er für überlegen hält, heute noch Vorbild sein?

Borzaga gehörte zu den ersten einer neuen Generation von Missionaren. Für die Missionare vor ihm war ihre Arbeit wesentlich durch die Präsenz der Kolonialmächte geprägt, die sich neue Räume eroberten. In deren Gefolge kamen die Missionare, die häufig als Agenten der neuen europäischen Herrschaft wahrgenommen wurden; unbenommen deren authentischen Willens, den Völkern das Evangelium zu bringen. Doch seit den ausgehenden 40er Jahren mussten sich die europäischen Mächte aus ihren Kolonien zurückziehen.

Die Missionare blieben zurück. Sie mussten sich neu aufstellen, ihre Rolle neu bestimmen. Borzaga fand seine Rolle in der selbstlosen Hingabe an die ländliche Bevölkerung vor Ort. Er verstand sich nie als Herr der Gläubigen vor Ort, sondern als ihr Diener. Seine Hingabe an die Menschen in den Dörfern war aufrichtig, was auch in seinem Spitznamen zum Ausdruck kommt, den sie ihm gaben: „Ernstes und aufrichtiges Herz“. Mit dieser Aufrichtigkeit und seinem Mut zum Dienen gewinnt die Erzählung des seligen Mario Borzaga Kontur und lädt dazu ein, sich ihm als Vorbild zu nähern.

Maximilian Röll